In der Welt der Hundebegeisterung, Hundetraining und Hundeliebe gibt es eine Sehnsucht, die fast jeder Hundebesitzer kennt: den Wunsch nach 'Meinem Perfekten Hund'. Dieser Wunsch treibt uns an, führt uns auf eine Reise voller Herausforderungen, Entdeckungen und Freude. Nachfolgend möchte ich meine eigene Reise mit meinem vierbeinigen Begleiter teilen, wie wir gemeinsam nach Perfektion gestrebt haben und dabei viel über uns selbst und die einzigartige Beziehung zwischen Mensch und Hund gelernt haben.
Als Jonny 2014 in unsere Familie kam, begann eine aufregende Reise. Obwohl ich mein ganzes Leben lang Hunde um mich hatte, war Jonny der erste Schäferhund, den ich selbst erziehen wollte. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, als ich zum ersten Mal mit ihm auf den Hundeplatz ging und voller Stolz "meinen kleinen Schatz" vorstellte. Zu dieser Zeit war ich bereits als Hundetrainerin tätig und hatte von Anfang an hohe Ansprüche an seine Ausbildung. Ich träumte davon, dass er der perfekte Hund sein würde: immer gehorsam, herausragende Leistungen, hervorragend sozialisiert, gesund und voller Energie – die Liste war lang.
Aber wie das Leben so spielt, lief nicht alles genau nach Plan. Heute ist mir bewusst, dass ich damals kaum eine Vorstellung davon hatte, was gutes und verständliches Hundetraining bedeutet. Ich hatte keine Ahnung, wie man eine angemessene Sozialisierung durchführt und wie man eine stabile Beziehung zu seinem Hund aufbaut.
Es fühlte sich so an, als wäre ich an manchen Tagen 8 Tage in der Woche auf dem Hundeplatz. Wir nahmen an Begleithunde- und Unterordnungskursen teil, probierten uns im Schutzhundesport aus, beschäftigten uns mit Rettungshundesport, Fährtensuche und vielem mehr, denn er sollte ja top Leistungen erzielen. In unserer "Freizeit" arrangierte ich so viele Hundebegegnungen wie möglich für ihn, weil ich wollte, dass er extrem sozialisiert wird.
Die Vorstellung war, dass er eine makellose Impulskontrolle haben sollte, alle Tiere freundlich begrüßt und mag, nichts in unserem Zuhause zerstört, sich höflich gegenüber Besuch verhält und bei Spaziergängen oder Wanderungen immer an meiner Seite bleibt, egal ob es nach Wild riecht oder andere Hunde uns begleiten oder uns entgegenkommen. Ja, so lautete die Idee, aber die Realität war anders. Trotz ständigem Bemühen habe ich alle Fehler gemacht, die man machen kann und so bekam ich einen Leinenaggressiven Hund bei Hundebegegnungen, ständig Konflikte mit Artgenossen, unerwünschtes Jagdverhalten und vieles mehr.
In den ersten Jahren unserer gemeinsamen Trainingsreise wurden wir leider mit zahlreichen fragwürdigen Trainingsmethoden konfrontiert. Auf unseren Schultern lastete ein erheblicher Druck und Frustration, den es zu ertragen und zu verarbeiten galt. Wir trainierten hart und intensiv, nahmen an unzähligen Begleithunde-, Fährten- und Rally Obedience-Turnieren und Wettbewerben teil und die Trophäen häuften sich in meinem Schrank. "Immer wieder wurde mir gesagt: 'Wenn du einen guten Hund haben willst, musst du hart durchgreifen und ihm zeigen, wer der Boss ist!"
Schon früh schrie meine Intuition laut auf, wenn ich mit aversiven Trainingsmethoden konfrontiert wurde, die damals wie auch heute leider noch weit verbreitet sind. Etwas in mir drängte mich dazu, es anders zu machen, doch mir wurde gesagt, dass dies der Standardweg sei und ich nicht so viel in Frage stellen sollte. Der Kampf begann, ein innerer Konflikt zwischen dem, was ich fühlte richtig zu sein, und dem, was als konventionell galt. Also begann ich, von Seminar zu Seminar zu reisen, um mich weiterzubilden, um Wissen zu erlangen und um zu verstehen, wie ein rundum harmonisches Hundetraining - für Mensch und Tier - möglich ist.
Durch die vielen Fortbildungen und die Praxistrainings mit meinem Buben lernte ich, über den Horizont hinauszublicken, wahrzunehmen und bewusst zu handeln, anstatt nur zu reagieren. Ich vertiefte mich in das Ausdrucksverhalten der Hunde, lernte, es zu analysieren und zu interpretieren, und entwickelte einen Trainingsansatz für Konfliktsituationen. Während dieser gesamten Reise begleitete mich Jonny, mein treuer Gefährte und Trainingspartner. Zusammen haben wir nicht nur unsere Fähigkeiten verbessert, sondern auch eine wirklich tiefere Verbindung entwickelt.
Ich erkannte, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt, sondern viele Wege zum Ziel führen können. Fehler sah ich nicht länger als Scheitern, sondern als wertvolle Informationen über die jeweilige Situation an. Statt mich von ihnen entmutigen zu lassen, nutzte ich sie, um dazuzulernen. Das nächste das ich lernen sollte, war dass Jonny scheinbar nach jeder erdenklichen Krankheit zu rufen schien. Egal, ob es sich dabei um Spondylosen in der Wirbelsäule, Allergien/Unverträglichkeiten, Gelenkprobleme, Haut- und Nervenentzündungen, Gesichtslähmungen, eine Magendrehung und vieles mehr handelte.
Je mehr ich über die Anatomie und die Gesundheit von Hunden lernte, desto mehr "Herausforderungen" schien mein treuer Gefährte für mich bereitzuhalten. Doch auch in diesen Momenten lehrte er mich, dass der Vergleich mit anderen Hunden nicht zielführend ist und dass wir immer die Wahl haben, ob wir das Leben aktiv gestalten oder uns passiv von den Umständen bestimmen lassen.
Durch Jonny habe ich unzählige Sportarten und Möglichkeiten der Belohnung kennengelernt, die ich niemals entdeckt hätte, wäre er "einfach" ein gesunder, normaler Hund gewesen. Es war und ist nicht immer leicht, aber ich bin ihm für all diese Erfahrungen von Herzen dankbar. Ich begriff, dass eine harmonische und verständliche Kommunikation zwischen Mensch und Tier tatsächlich möglich ist. Gleichzeitig erweiterte ich mein Wissen über den Einfluss von Krankheiten auf das Training und das Verhalten der Hunde. Mit jedem neuen Einblick in den Umgang und das Leben mit Hunden wuchs ich weiter in meiner Rolle als Menschentrainer für Hunde.
Aber was ist nun ein perfekter Hund?
Es ist von großer Bedeutung, zu erkennen, dass die Vorstellung von Perfektion bei Hunden stets äußerst subjektiv ist, und jeder Hund seine ganz eigenen einzigartigen Qualitäten und Persönlichkeiten mitbringt. Was für einen Hundebesitzer als Vollkommenheit gilt, mag für einen anderen eventuell nicht zutreffen. Letztendlich ist ein idealer Hund jener, der am besten zu den individuellen Bedürfnissen, Vorlieben und Lebensumständen seines Besitzers passt und eine liebevolle, erfüllende Beziehung ermöglicht. Sind allerdings manche Momente von Schmerz oder den Herausforderungen des Alterns geprägt, ist eine so innige Verbindung oft nicht immer so schön. Die Entscheidung liegt letztendlich bei jedem selbst, wie er mit diesen Momenten umgeht, welche Erfahrungen er daraus zieht und was er daraus lernt.
"Wenn du deine Wünsche und Erwartungen klar definieren kannst, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch erfüllt werden." Während unserer gemeinsamen Trainingsreise wurde mir immer deutlicher bewusst, dass, wenn ein Mensch ein klares und konkretes Bild davon hat, wie sich sein Hund verhalten soll, dieses Bild auch für den Hund selbst klarer wird. Für all diese kostbaren Erkenntnisse bin ich meinem geduldigen, pelzigen Begleiter zutiefst dankbar. Er hat mich auf unserer gemeinsamen Reise durch alle Höhen und Tiefen begleitet und auf seine einzigartige Weise immer wieder gezeigt, wo ich in meinem eigenen Leben stehe.
"Wie kann ich von meinem Hund Perfektion verlangen, wenn ich selbst nicht bin?"
Auch wenn unser Leben nicht immer einfach ist, gibt es keinen Zweifel daran, dass Jonny genau der Hund ist, der perfekt in meiner Welt hinein passt - im Hier und Jetzt.